Was ist und wie geht eine Retrospektive?
Retrospektiven als Motor für Wachstum in Teams
Wer sich schon mal ein bisschen mit Persönlichkeitsentwicklung befasst hat weiß, dass Wachstum nur mit Reflexion und Selbstanalyse möglich ist. Damit wir uns weiterentwickeln können, müssen wir also zunächst innehalten und reflektieren. Fragen, wie
Was kann ich gut? Worin möchte ich mich verbessern? Wie möchte ich mich verbessern?
helfen dabei. Während den Einzelnen die Reflexion bei der Persönlichkeitsentwicklung unterstützt, kann ein Team durch die Retrospektive wachsen. Dieses mächtige Werkzeug hilft dabei, die Zusammenarbeit im Team laufend zu verbessern, um weiter effektiv und vor allem auch effizient zu arbeiten.
Was genau eine Retrospektive ist, wie Sie eine durchführen und was die Retrospektive mit einem Heißluftballon zu tun hat, erklären wir Ihnen in diesem Artikel.
Definition: Was ist eine Retrospektive?
Unter einer Retrospektive, kurz auch Retro genannt, versteht man ein Meeting bei dem das Projektteam ganz gezielt über die Zusammenarbeit und die Prozesse im Team spricht.
„Retrospektiv“ bedeutet „rückblickend“. Mithilfe von geeigneten Methoden reflektieren die Teammitglieder gemeinsam, was gut und was schlecht gelaufen ist.
Anschließend leiten sie daraus eine oder mehrere Verbesserungsmaßnahmen ab, um aus der Vergangenheit zu lernen.
Retrospektiven finden regelmäßig statt und werden am besten von einer neutralen Person moderiert.
Welchen Nutzen hat eine Retrospektive?
Jetzt da wir ein gemeinsames Verständnis bezüglich der Definition haben, schauen wir noch einmal auf den Nutzen. Und der ist ganz einfach, auf den Punkt gebracht:
Ziel der Retrospektive ist es, die Zusammenarbeit im Team zu verbessern.
Aber eine Retrospektive bringt noch viele weitere Vorteile mit sich:
- Raum für Austausch: In der Retro hat jedes Teammitglied die Chance, Themen oder auch Kritikpunkte offen anzusprechen. Die Beteiligung als auch der Austausch von Interessen und Ansichten werden gefördert.
- Vertraulichkeit: Hier zählt die „Las-Vegas-Regel“, die meint “What happens in Vegas, stays in Vegas.”, oder übersetzt: “Was in Las Vegas passiert, bleibt in Vegas.”. Übertragen auf die Retrospektive bedeutet dies, dass alles in diesem Meeting Gesagte im Raum bleibt und vertraulich behandelt wird.
- Weniger Frust: Dadurch, dass jedes Teammitglied die Möglichkeit hat, Probleme und Kritik offen anzusprechen, wird Frust im Arbeitsalltags reduziert. Zwischenmenschliche Konflikte können leichter geklärt werden.
- Verbesserung der Arbeitsabläufe: Neben zwischenmenschlichen Konflikten werden auch Hürden oder Engpässe im Projekt in der Retrospektive schneller aufgedeckt. Das Team kann gemeinsam Lösungen finden und so die Prozesse kontinuierlich verbessern.
- Teamentwicklung: Die Summe von Austausch, Offenheit, Vertraulichkeit und Verbundenheit tragen dazu bei, das Teams stärker zusammenwachsen und eine Einheit bilden.
Aber wir haben ja schon so viele Meetings könnten Sie jetzt sagen. Und um den täglichen Meetingmarathon zu reduzieren, kommt man schnell in Versuchung Termine miteinander zu kombinieren.
Retrospektive vs. Review
Grundsätzlich ist es sehr Weise, die Anzahl der Meetings zu reduzieren. Bei Retrospektiven und Reviews raten wir aber gezielt davon ab und haben daher hier nochmal die unterschiedlichen Schwerpunkte beider Formate zusammengetragen:
Review
Beim Review geht es gezielt um die Analyse der Arbeitsergebnisse. Während bei der Retrospektive nur das Team selbst anwesend ist, nehmen am Review oft auch Stakeholder (Führungskräfte, Kunden oder andere Fachbereiche) teil.
Retrospektive
Bei diesem Meeting liegt der Fokus auf der Zusammenarbeit der Teammitglieder. Teamdynamik, Verhalten, Arbeitsablauf und das generelle Arbeitsumfeld werden dabei beleuchtet.
→ Beim Review-Meeting geht es also um den Outcome, während sich die Retrospektive auf den eigentlichen Prozess konzentriert, der zu diesem Outcome führt. Aus einem vorangegangenen Review ergeben sich oft relevante Themen für die Retrospektive.
Zeitlich gesehen macht es also Sinn beide Termine aufeinanderfolgend zu planen.
Methoden für Retrospektiven
Eine Retrospektive dauert üblicherweise zwischen zwei und drei Stunden und wird als Teamroutine meistens alle drei Monate durchgefuhrt. Teams können das aber auch regelmaßig am Ende eines Sprints oder eines Projektes abhalten.
Und es gibt eine Auswahl an Methoden, wie Sie die Retrospektive durchführen können.
Dabei bittet die Moderation jedes Teammitglied auf die genannten Fragen Rückmeldung zu geben.
- start-stop-continue
Diese Methode ist eine der gängigsten und sehr leicht zu verstehen. Bei jedem Meeting angewandt, könnte sie aber etwas monoton sein.
-
- Start: Was wollen wir zukünftig anders und besser machen?
- Stop: Was hält uns zurück und kostet uns z.B. Zeit?
- Continue: Welche Routinen sind bereits erfolgreich und behalten wir bei?
- mad-sad-glad
Bei dieser beliebten Technik können Sie besonders auf die positiven, aber auch auf die negativen Emotionen aller Beteiligten in Hinblick auf die Zusammenarbeit im Team eingehen.- Mad: Was macht mich wütend?
- Sad: Was macht mich traurig?
- Glad: Was macht mich glücklich?
- liked-learned-lacked-longed for
Die 4L-Retro ist eine einfache und wirksame Methode, um mit dem Team Bilanz zu ziehen. Dabei werden sowohl die positiven (liked & learned) als auch die negativen Aspekte (lacked & longed for) betrachtet.- Liked: Was fand ich richtig gut?
- Learned: Was habe ich gelernt?
- Lacked: Was habe ich vermisst?
- Longed for: Wonach habe ich mich gesehnt?
Neben den zuvor eher klassischen genannten Methoden gibt es auch noch spielerische Herangehensweisen, um Informationen zu sammeln. Ein Beispiel dafür ist die schon in der Einleitung erwähnte
Heißluftballon-Retrospektive
Zunächst wird ein Heißluftballon auf einen Flipchart oder ein Whiteboard gezeichnet. Malen Sie außerdem noch eine Sonne, Gewitterwolken, Pfeile nach oben/heiße Luftströme und Sandsäcke dazu. Die einzelnen Elemente stehen für folgende Fragestellungen:
- Sonne = Was läuft gut? Über welche positiven Dinge freuen wir uns?
- Gewitterwolken = Welche Herausforderungen und Gefahren lauern uns?
- Pfeile nach oben/heiße Luftströme = Was treibt uns an? Wo müssen wir mehr einheizen?
- Sandsäcke = Was hält uns am Boden oder zieht uns nach unten? Was verlangsamt uns?
Die Teilnehmer schreiben ihre Antworten auf Haftnotizzettel und kleben diese bei der jeweiligen Fragestellung bzw. dem Symbol dafür an. Die Heißluftballon-Retro ist damit besonders stark in der Visualisierung. Anhand des Ballons betrachtet sich das Team aus einer Art Vogelperspektive und kann dadurch neue Erkenntnisse gewinnen.
Mit dieser Auswahl haben Sie nun schon mal vier verschiedene Varianten zur Gestaltung Ihrer nächsten Retrospektive an der Hand. Sie können damit experimentieren und ausprobieren, welche Vorgehensweise sich speziell für Ihr Team und Projekt am besten eignet.
Es gibt noch eine Vielzahl an weiteren Methoden, aber im Kern nutzen alle den gleichen Ansatz:
Zuerst kommt der Rückblick (Was lief gut?)
und dann folgt der
Blick nach vorne (Was soll zukünftig anders/neu/besser werden?).
Gerne unterstützen wir Sie bei der Gestaltung Ihrer nächsten Retrospektive und finden die passenden Methoden ganz individuell für Ihr Team und Projekt. Schreiben Sie uns einfach an!
Erfolgreiche Retros im virtuellen Raum
Retrospektiven funktionieren analog, aber auch digital. Hilfreiche Vorlagen für Online-Retrospektiven finden Sie in allen gängigen virtuellen Whiteboards wie z.B. Miro, Conceptboard oder Mural. Diese Whiteboards funktionieren wie im echten Konferenzraum. Sie können darauf posten, malen, schreiben und Punkte kleben.
In einer Online-Retro treffen sich alle Teilnehmer im virtuellen Raum und können dann gleichzeitig mit dem Whiteboard arbeiten. Die Moderation steuert, wann alle gleichzeitig etwas in der Vorlage posten und wann im Anschluss darüber im virtuellen Raum gesprochen wird.
Wie bei jedem anderen Online-Teammeeting empfehlen wir auch bei der virtuellen Retrospektive folgende Regeln zu beachten:
- Fokus auf die Retro: Störfaktoren sollten ausgeschalten sein.
- Timeboxing: Zeiten werden ernst genommen und eingehalten.
- Technik-Check: Prüfen Sie vorab, ob die Technik (Lautsprecher, Kopfhörer, Software) funktioniert.
- Vegas-Regel: Auch online ist die Vertraulichkeit immer gegeben.
- Kamera an: Das persönliche Bild ist für die Kontaktaufnahme ein Muss. Nur so können wir in Verbindung miteinander kommen, wenn wir uns vor Ort nicht sehen.
Erfolgsfaktor Moderation
Nach den ganzen Rahmenpunkten und Inhalten möchten wir nun nochmal gezielt auf die entscheidende Rolle der Moderation in der Retrospektive eingehen:
Die Moderation kann aus den eigenen Reihen im Team oder von einem externen Coach übernommen werden. Wichtig ist aber, dass sie oder er ausschließlich als ModeratorIn und nicht als Teammitglied aktiv agiert.
Die moderierende Person kann noch viel mehr zum Erfolg der Retrospektive beitragen als nur das Team durch das Meeting zu führen:
Wie spannend die Fragestellungen sind, ob das Team von der Art inspiriert und motiviert wird und welche kreativen Methoden eingesetzt werden, sind entscheidende Pluspunkte, die für eine gute Moderation sprechen. In Hinblick auf die erforderliche Erfahrung in diesem Bereich und die Allparteilichkeit bringt ein externer Coach als ModeratorIn oft einen großen Mehrwert für das Team mit.
Fazit
Retrospektiven sind ein ideales Werkzeug, um die Teamzusammenarbeit kontinuierlich zu verbessern.
Die gemeinsame Reflexion
- verbindet
- vermindert Frustsituationen
- und lässt die Organisation gemeinsam wachsen.
Als systemische Berater unterstützen wir unsere KundInnen bei diesem Prozess, indem wir das Format individuell für sie vorbereiten oder sie als Moderatoren durch die Retrospektive führen.
Wünschen auch Sie sich für Ihr Team Unterstützung, um die Teamzusammenarbeit zu verbessern?
Holen Sie uns ins Boot, Sie können auf uns zählen!
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