Der „Sei Stark“-Antreiber:

Zwischen Stärke und Verletzlichkeit.

Sie haben die bereits veröffentlichten anderen Teile der Serie Stärken und Herausforderungen verpasst? Kein Problem! Lesen Sie diese hier:

>>> Stärke und Herausforderung – „Mach es allen recht“.

>>>Stärke und Herausforderung  – „Sei Perfekt“.

>>> Stärken und Herausforderungen – „Streng dich an“.

>>> Stärken und Herausforderungen – „Sei Schnell“.

In diesem Teil schauen wir einmal unserem Kollegen Silas über die Schulter. Silas ist jemand, der nach außen hin Stärke und Unverwundbarkeit verkörpert. Seine aufrechte Haltung und die etwas maskenhaften Gesichtszüge verraten nicht viel von seinem Inneren und erwecken einen eher angespannten Eindruck, als wollte er seine Umgebung im Auge behalten, um jederzeit „gewappnet“ zu sein. Manchmal wirkt seine Stimme monoton, als hätte er gelernt, Emotionen zu kontrollieren wie eine Marionette ihre Fäden. Er achtet sehr auf seine Sprache und bestimmte Sprechweisen, um eigene Stärke und Unangreifbarkeit zu vermitteln.

Woran das liegt? Dieser unermüdliche Drang Stark zu sein, ist ein Konzept aus der Transaktionsanalyse.

Die Transaktionsanalyse

Was genau ist das eigentlich?

Die Transaktionsanalyse, die von Eric Berne entwickelt wurde, ist ein spannendes Tool zur Analyse menschlicher Interaktionen. Sie unterteilt unser Verhalten in drei Ich-Zustände: Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich und Kind-Ich. Diese Zustände prägen, wie wir kommunizieren, Entscheidungen treffen und unsere Beziehungen gestalten.

Die inneren Antreiber

Das Modell der inneren Antreiber beschriebt unsere Handlungsmodelle und Verhaltensmuster auf die wir unterbewusst in Stress- und Belastungssituationen zurückgreifen. In unserer Kindheit, haben sie und als gutgemeinte elterliche Aufforderungen handlungsorientierung geboten. Diese verinnerlichten Stregien helfen uns nun im Erwachsenenalter dabei, uns trotz Stress innerlich gut zufühlen. Es lohnt sich einen Blick auf diese inneren Verhaltensmuster zu werfen, da sie uns zwar antreiben jedoch auch Einengen können.

 

Ressourcen und Stärken

Die „Sei stark“-Dynamik ermöglicht Silas hohe Leistungen und starkes Durchhaltevermögen. Aber eigentlich ist es die Balance zwischen Kampfgeist und Empathie, die ihm wahre Erfüllung bringt. Indem er erkennt, dass sein Gefühls- und Beziehungsstil wertvoll und liebenswert ist, schafft er es, tiefere und bedeutsamere Verbindungen zu anderen aufzubauen. Seine Reise zeigt, dass wahre Stärke aus dem Zusammenspiel von Mut, Verletzlichkeit und dem Willen zur Veränderung entsteht.

Eine Soziale Diagnose: Silas und die Last des „Sei stark“-Antreibers

Silas betritt den Raum mit einer Aura der Entschlossenheit. Seine aufrechte Haltung und seine Gesichtszüge lassen keinen Zweifel daran, dass er sich vorbereitet hat. Um ihn herum sind die KollegInnen gespannt, jeder scheint auf der Hut zu sein, denn hier geht es nicht nur um Interaktion, sondern um Überlegenheit.

Einige seiner KollegInnen antworten mit einer ähnlichen Härte, als wäre jeder Satz eine neue Front in einem unerbittlichen Gefecht. Andere ziehen sich ängstlich zurück, versuchen Konflikte zu umgehen oder beschwichtigen, um nicht in den Sog der Konfrontation gezogen zu werden.

Die Atmosphäre ist geprägt von einer impliziten Regel: „Wer nicht aufpasst, wird verlieren, sich unterwerfen oder kontrollieren lassen – und jeder muss dafür sorgen, dass er oder sie nicht der Verlierer ist.“ Es ist ein Spiel, bei dem die Gewinne eines anderen automatisch Verluste für die restlichen Mitspieler bedeuten. Es fühlt sich an wie ein distanzierender „Kampf gegeneinander“, anstatt eines gemeinsamen „Messen aneinander“.

Silas spürt einen Druck, sich stark und unangreifbar zu präsentieren. Diese Haltung schützt ihn zwar, aber sie nimmt ihm auch den natürlichen Impuls, sich in echter menschlicher Begegnung zu öffnen oder den anderen näherzukommen.

Für ihn ist es eine Gratwanderung zwischen der Wahrung seiner eigenen Stärke und dem Verlangen nach authentischer Verbundenheit. In diesem Spannungsfeld navigiert Silas, jederzeit bereit, seine Fassade aufrechtzuerhalten, selbst wenn es bedeutet, einen Teil seiner Menschlichkeit zu opfern.

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Selbststeuerung und –verantwortung im professionellen Kontext ist zu der Schlüsselkompetenz in der heutigen Arbeitswelt geworden. Die Belastungen sind jetzt schon hoch – und sie werden tendenziell auch eher weiter ansteigen. Stressfreie Arbeitsplätze gibt es praktisch nicht mehr und daher gehört ein erfolgreiches Stressmanagement zu den unverzichtbaren Kompetenzen im Geschäftsalltag.

Woran erkennt man „Sei Stark“ – Menschen?

Die Emotionale Dynamik

Silas fühlt, wie sich die Spannung in ihm aufbaut, während er sich auf eine herausfordernde Situation vorbereitet. In seiner emotionalen Welt ist es nicht nur wichtig, stark zu sein, sondern auch kontrolliert und manchmal sogar unangreifbar. Die Angst, in emotional intensiven Momenten die Kontrolle zu verlieren oder sogar zu kollabieren, treibt ihn an, sich noch stärker zu machen.

Er ist überzeugt, dass er als Person und in seinen Anliegen nicht ernst genommen wird, wenn er nicht selbstbewusst auftritt und sich behauptet. Es fällt ihm schwer zu akzeptieren, dass er auf Menschen und Ereignisse angewiesen ist, die er nicht vollständig kontrollieren kann. In seiner Welt wird emotionale Verbundenheit und das Sich-Einlassen auf andere missverstanden als eine potenzielle Gefahr. Es wird als ein Risiko empfunden. Und da er glaubt sich keine Schwäche leisten zu dürfen, muss er das um jeden Preis vermeiden.

Beziehungsmuster

Silas erwartet von seinen KollegInnen keine Rücksicht auf ihn, dass ist er nicht gewöhnt und das wäre ihm demnach auch sehr unangenehm. Er möchte auf keinen Fall jemanden zur Last fallen.

Er erlebt oft, das andere ihre Verantwortung nicht im nötigen Maß wahrnehmen und übernimmt diese dann wie selbstverständlich. Er sieht einfach sehr zuverlässig, wo Verantwortung herum liegt und nicht genommen wird. Oft merkt er gar nicht, dass er Fehlverantwortung übernimmt und so anderen die Chance zum lernen oder wachsen nimmt, da er ihre Verantwortung mit trägt.

Anstatt Fürsorge hat er oft rücksichtsloses Verhalten und harte Herausforderungen erlebt. Daher erlebt er Fürsorge oft als komisch und diese fühlt sich nicht stimmig an.

Gegen diese, als diffuse Bedrohung empfundene Realität verteidigt er sich mit seiner selbstschützenden Haltung. Doch diese Abwehrhaltung hat ihren Preis: Sie verhindert, dass er anderen die Möglichkeit gibt, seine empfindsamen Bedürfnisse zu erkennen und zu berücksichtigen.

Die permanente Dynamik des stark seins, die er provoziert, nährt unterbewusst seine Angst davor, dass die Dinge aus dem Ruder laufen könnten, wenn er sich nicht in der scheinbar stärkeren Position befindet. Selbst wenn er in gewisser Weise berücksichtigt wird, fühlt es sich für ihn selten nach freiwilliger Anerkennung an. Es ist vielmehr die Wirkung seiner „Sei stark“-Dynamik: „Wäre ich nicht so auf der Hut gewesen, hätten mich die anderen überrollt.“

Praktische Tipps zur Kompensation

  • Anderen durch Aufgabenabnahme nicht ihre Entwicklungsmöglichkeit nehmen:
    • Tipp: Übernimm nicht immer die Aufgaben für andere, auch wenn du es könntest. Ermutige deine Mitmenschen, Herausforderungen anzunehmen und sich weiterzuentwickeln. Gib ihnen die Möglichkeit, eigene Lösungen zu finden und daraus zu lernen.
  • Ventile suchen:
    • Tipp: Finde gesunde Wege, um Stress und Anspannung abzubauen. Ob es Sport, Meditation, ein Hobby oder einfach ein Spaziergang ist – sorge dafür, dass du regelmäßig ein Ventil hast, um negative Energien abzuleiten.

Wirklichkeitslogik

Silas sehnt sich nach Geborgenheit, Akzeptanz und Fürsorge. Diese Sehnsucht bleibt jedoch oft unerfüllt, in seiner Welt der ständigen Wachsamkeit und Abwehr. Es ist ein Kampf, den er jeden Tag führt – zwischen der Aufrechterhaltung seiner Stärke und dem Bedürfnis nach echter menschlicher Nähe und Zuneigung.

 

Antithesen zum „Sei Stark -Antreiber“

Eine stimmige Umkehrung dieser Überzeugungen also Glaubenssätze, kann lauten: Silas und die Suche nach einer anderen Art der Begegnung.

Silas hat schon oft das Bedürfnis gespürt, anderen zu vertrauen und sich ihnen gegenüber durchlässig zu zeigen. Doch in seiner Welt, geprägt vom „Sei stark“-Antreiber, bleibt dieses Bedürfnis oft unerfüllt.

Besonders gefühlvolle Menschen reagieren stark auf Silas‘ ständige Selbstbehauptung`. Sie sehnen sich danach, dass er sich einmal fallen lässt, Emotionen zeigt oder seine wahren Gefühle offenbart. Doch diese Erwartung wird von ihnen oft in einem emotionalen Stil formuliert, der nicht zu Silas‘ natürlicher Wesensart` passt. Er bevorzugt leisere Gefühlsregungen und diskrete Wege, sich in Beziehungen einzubringen. Dennoch fühlt er sich manchmal dazu gedrängt, mehr zu zeigen oder sich mit anderen zu vergleichen, obwohl er weiß, dass dies nicht seinem Stil entspricht.

Für Silas sind Situationen besonders nützlich, in denen klar und verständlich erklärt wird, wie er sich öffnen und anvertrauen kann, ohne seine Sicherheit zu gefährden. Er weiß, dass die Verarbeitung emotionaler Erschütterungen entscheidend ist. Er kann diese Erschütterungen sowohl als Niederlage mit nachträglichem Bedauern erleben, als auch als erleichternde Erfahrung. Und er ist sich bewusst, dass es wichtig ist, dabei angemessene Maßstäbe an Gefühlsintensität und Emotionalität in Beziehungen zu bewahren. Nicht die Intensität der Gefühle ist für ihn entscheidend, sondern deren Substanz und Gehalt.

In seiner Interaktion mit anderen ist es für Silas wichtig, dass er seine Sanftheit und Freundlichkeit nicht aus Schwäche heraus sondern stark vermittelt. Er lernt langsam, dass echte Stärke darin besteht, aus einem Platz der inneren Sicherheit und Verbundenheit heraus zu handeln.

Wenn er jedoch bei anderen eine ängstlich-beschwichtigende Sanftheit wahrnimmt, straft er diese Personen mit Verachtung ab. Das ist nicht die Art der Begegnung, die ihn wirklich interessiert, denn er sucht nach einer authentischen Verbindung, die auf gegenseitigem Respekt und Verständnis beruht.

Für Silas ist jeder Tag eine neue Herausforderung, seine eigene Sehnsucht nach Vertrauen und Akzeptanz mit den Anforderungen seiner „Sei stark“-Dynamik in Einklang zu bringen. Es ist ein Prozess des lernens und des wachsens, bei dem er hofft, eine Balance zu finden, die ihm erlaubt, sowohl stark als auch einfühlsam zu sein.

Weitere praktische Tipps zur Kompensation

  • Sich in andere hineinversetzen:
    • Tipp: Nimm dir die Zeit, die Perspektive anderer zu verstehen. Frage dich, wie sie sich in bestimmten Situationen fühlen könnten und was ihre Bedürfnisse sind. Dieses Einfühlungsvermögen fördert stärkere und empathischere Beziehungen.
  • Aufgabenzuordnung vornehmen:
    • Tipp: Verteile Aufgaben so, dass jeder seine Stärken einbringen kann. Achte darauf, dass die Aufgaben fair verteilt sind und dass jeder die Möglichkeit hat, sich zu beweisen und weiterzuentwickeln.
  • Anderen zuhören (Fragen stellen):
      • Tipp: Sei ein aktiver Zuhörer. Stelle offene Fragen, die deine Mitmenschen dazu ermutigen, mehr über ihre Gedanken und Gefühle zu sprechen. Dies zeigt nicht nur Interesse, sondern hilft dir auch, ihre Perspektive besser zu verstehen und zu unterstützen.

    Silas hat gelernt, dass wahre Stärke nicht nur im Kämpfen liegt, sondern auch in der Fähigkeit, zuzuhören, zu verstehen und sich auf andere einzulassen. Diese praktischen Ansätze können dir helfen, eine ähnliche Balance zu finden und erfolgreich durch die Herausforderungen des Lebens zu navigieren.

Silas und die Erlaubnis zur Offenheit

Silas steht vor dem Spiegel und betrachtet sein eigenes Spiegelbild. Tief in seinem Inneren hört er eine leise Stimme, die ihm sagt: „There is nothing to do, nowhere to go, live can come to me“.

Aber bis er das tatsächlich als inneres Matra verkörpern kann, helfen ihm Sätze wie „Du darfst offen sein und vertrauen.“ „Du bist mit dem zu dir passenden Gefühls- und Beziehungsstil wertvoll und liebenswert.“ Diese Erlaubnisse, die in seinem Kopf widerhallen, fühlen sich zwar zunächst fremd an, aber gleichzeitig auch befreiend.

Die Ressourcen des „Sei stark“-Antreibers

Silas weiß, dass er in der Lage ist, kurzfristig und situativ hohe Leistungen zu erbringen. Er hat einen ausgeprägten Sinn für den kraftvollen Umgang mit Aufgaben und besitzt genug Widerstandskraft und Kampfgeist, um Dinge voranzubringen, selbst wenn es schwierig wird. In dieser Hinsicht ähnelt er einem Helden, der Herausforderungen annimmt und Hindernisse überwindet.

Doch Silas erkennt auch, dass es Zeiten gibt, in denen er loslassen will. Wenn es nichts mehr zu kämpfen gibt, kann er sich erlauben, zurückhaltend, freundlich und sanft zu seinen Mitmenschen zu sein und nur dann zu kämpfen, wenn es wirklich notwendig ist. Diese Erfahrung fühlt sich wie ein kleiner Sieg an – eine Balance zwischen Stärke und Menschlichkeit.

Die Konterdynamik: „Mit mir könnt ihr’s machen!“

Es gibt aber auch Momente, in denen Silas sich im Gegenbild zu seinem üblichen Verhalten wiederfindet. Manchmal wenn er Angst hat, dass er dem Kämpfen oder der Übernahme von Kontrolle nicht gewachsen ist. In solchen Situationen scheint es für ihn sicherer, seine Anliegen unvertreten zu lassen oder sich zu unterwerfen. Er spürt das dann eher als Aufforderung, auf Stärke und Potenz verzichten zu müssen, um gefühlvoll oder beziehungsfähig sein zu können.

Sei stark-Frauen begeben sich manchmal in die Rolle des Kätzchens, während sei stark-Männer Softsein als neue Männlichkeit anbieten.

Auch Silas experimentiert mit diesen Rollen, versucht herauszufinden, was sich richtig anfühlt und was ihm wirklich entspricht. Es ist ein ständiger Balanceakt zwischen der bewussten Entscheidung, stark zu sein, und der Erlaubnis, auch Schwäche zeigen zu können.

Resumee: Ein täglicher Balanceakt

Jeden Tag steht Silas vor neuen Herausforderungen. Er lernt, dass er nicht immer stark sein muss, dass er vertrauen darf und dass sein individueller Gefühls- und Beziehungsstil wertvoll und liebenswert ist. Es ist ein Prozess des Wachsens und des Lernens, bei dem er langsam, aber sicher, eine Balance findet, die ihm erlaubt, sowohl seine Stärke als auch seine Verletzlichkeit zu akzeptieren und zu zeigen.

Silas‘ Reise durch die „Sei stark“-Dynamik ist geprägt von einem ständigen Spannungsfeld zwischen Stärke und Verletzlichkeit. Er lernt, dass wahre Stärke nicht nur in der Kontrolle und Unangreifbarkeit liegt, sondern auch in der Fähigkeit, sich zu öffnen und zu vertrauen. Durch die Konfrontation mit seinen eigenen Ängsten und die Erlaubnis, menschlich und sanft zu sein, findet Silas einen Weg, der ihm erlaubt, authentisch und gleichzeitig kraftvoll zu leben.

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