Persönlichkeit verstehen und messen

die Persönlichkeitsmessung – Typenansätze versus Dimensionale Ansätze

 

In der Persönlichkeitspsychologie gibt es zwei grundlegende Ansätze zur Erfassung und Analyse menschlicher Persönlichkeit: die typologischen Ansätze und die dimensionsbasierten Verfahren. Beide Ansätze haben ihre eigenen Vor- und Nachteile sowie unterschiedliche Herangehensweisen an die Persönlichkeitsmessung. In diesem Artikel werden wir uns auf die Unterschiede zwischen dimensionsbasierten Verfahren und typologischen Ansätzen konzentrieren

Die menschliche Persönlichkeit ist faszinierend und vielschichtig. Sie beeinfluß maßgelblich unser Verhalten, unsere Vorlieben und unsere Interaktionen mit der Welt um uns herum. Auf der Suche nach einer Methode, um Persönlichkeit zu erfassen und zu verstehen, stößt man auf viele Test. In diesem Artikel werden wir diese beiden Ansätze genauer untersuchen und die gängigen Tests, die sie unterstützen, vergleichen.

1. Sind Typenansätze Vereinfachend und Irreführend?

Typenansätze gehen davon aus, dass die Persönlichkeiten aller Menschen in Grundtypen oder Kategorien eingeteilt werden können. Bekannte Beispiele für diesen Ansatz sind der Myers-Briggs Typenindikator (MBTI) oder das DISG-Modell, Persolog, Insights und das Enneagramm.

In der Regel tragen die Typenansätze leicht zu merkende Labels oder Farben („der gelbe Typ, der rote Typ“ etc.) Diesen Labels werden dann bestimmte Eigenschaften zugeschrieben. Im MBTI werden beispielsweise Buchstabenkombinationen wie „INTJ“ oder „ESFP“ dargestellt und diese repräsentieren unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale. Der ISTJ-Typ im MBTI beschreibt, die Person die den Test gemacht hat, dann mit gründlich und gewissenhaft jedoch auch distanziert und zurückhaltend.

Auf der anderen Seite neigen Typenansätze so natürlich dazu, Persönlichkeit zu simplifizieren und zu generalisieren. Das DISG Modell arbeit zum Beispiel mit vier Typen oder der MBTI mit sechzehn Typen. Mit dieser gewollten Beschränkung erfüllen typologische Ansätze ein uraltes Grundbedürfnis, das schon die Menschen in der Antike und im Mittelalter umgetrieben hat: Die Reduzierung des so komplexen und schwer greifbaren Phänomens „Persönlichkeit“ auf einfache, leicht verständliche und vermittelbare Kategorien.

Und ein grundlegendes Problem, dass sich daraus ergibt, besteht aber oft in folgendem:

Die Nutzer dieser Test, sind oft begeistert über die Ergebnisse, aber sie vereinfachen und generalisieren Persönlichkeit damit zu stark . Sie setzen voraus, dass jeder Mensch in eine bestimmte Schublade passt und vernachlässigen die individuellen Nuancen und Unterschiede, die jede Persönlichkeit ausmachen. Diese starre Einteilung kann sehr irreführend sein und kann zu fatalen Fehlentscheidungen führen.

Zum Beispiel wird einer Person, auf Grund des Testergebnisses, nicht für eine Führungsposition vorgesehen oder einer anderen werden bestimmte Aufgaben auf Grund des Typs übertragen, die Sie/Ihn total überfordern. Diese Schlüsse lassen sich ganz einfach, aus so einem Testergebnis garnicht ableiten und können sehr negative Folgen für alle Beteiligten haben. Wenn Menschen also anfangen Persönlichkeit aufgrund einer Buchstabenkombination zu identifizieren, wird die Vielschichtigkeit der Persönlichkeit einfach nicht angemessen erfasst.

Aber wie unterscheiden sich dimensionsbasierte Verfahren von typologischen Ansätzen?

Im Gegensatz zu typologischen Ansätzen verwenden dimensionsbasierte Verfahren ein kontinuierliches Spektrum, um die Persönlichkeit eines Individuums darzustellen. Das bekannteste dimensionsbasierte Persönlichkeitsmodell ist das Big Five Modell, das fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit untersucht: Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen.

Anstatt Menschen in feste Typen einzuteilen, misst dieses Modell, wie stark sie in jeder Dimension ausgeprägt sind. In diesem Artikel Dimensionen von Persönlichkeit erfassen und verstehen, schaue ich genauer in die Welt des Big Five Persönlichkeitstest.

Persönlichkeit verstehen- Welcher Test ist der richtige für mich?

Es gibt mehrere Vorteile dimensionsbasierter Verfahren gegenüber typologischen Ansätzen:

  1. Präzision und Nuancierung: Dimensionsbasierte Verfahren bieten eine präzisere und nuanciertere Darstellung der Persönlichkeit. Anstatt nur zu sagen, dass jemand „introvertiert“ oder „extravertiert“ ist, können sie die genaue Ausprägung dieser Eigenschaft messen, z. B. „moderat extravertiert“.
  2. Individualität: Dimensionsbasierte Verfahren berücksichtigen, dass jeder Mensch über alle Persönlichkeitsdimensionen verfügt, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Es gibt keine Hauptkategorien oder Typen, denen Individuen zugeordnet werden. Dies ermöglicht eine individualisierte Persönlichkeitsanalyse.
  3. Vielseitigkeit: Dimensionsbasierte Verfahren bieten eine breite Palette von möglichen Ergebnissen, da sie auf kontinuierlichen Skalen basieren. Dies ermöglicht äußerst differenzierte, individuelle Persönlichkeitsprofile.

Ein Vergleich: Messung der Körpergröße

Ein einfaches Beispiel, um den Unterschied zwischen dimensionsbasierten Verfahren und typologischen Ansätzen zu verdeutlichen, ist die Messung der Körpergröße. Ein typologischer Ansatz würde sagen, dass jemand „groß“ oder „klein“ ist, während ein dimensionsbasierter Ansatz die genaue Größe in Metern oder Zentimetern messen würde. Dies verdeutlicht den Unterschied zwischen einer Entweder-Oder-Perspektive und einer Von-Bis-Perspektive.

Fazit

Dimensionsbasierte Verfahren bieten also eine präzisere, nuanciertere und individualisiertere Sicht auf die Persönlichkeit eines Menschen und sollten da eingesetzt werden, wo genau das auch gebraucht wird wie z.B. im Coaching oder der Personalentwicklung.

Im Vergleich zu typologischen Ansätzen, die gut passen können, wenn es diese Differenzierung gerade nicht braucht um ein besseres Ergebnis zu erzielen. Ein Beispiel: Bei einer Teamentwicklung reicht oft der Blick auf die Belbin Teamrollen (typologischer Ansatz) um Dynamiken im Team zu erfassen und später daran mit allen weiter zu arbeiten. Die Vielschichtigkeit der menschlichen Persönlichkeit auf kontinuierlichen Skalen und eine tiefe und fundierte Persönlichkeitsanalyse würde sich in diesem Kontext soger eher irreführend und nicht zielführend auswirken.

2. Wie wichtig ist es, dass das eingesetzte Verfahren auch wissenschaftlich fundiert ist?

Damit etwas als „wissenschaftlich“ gilt, ist folgendes erforderlich: Die Methode, das Verfahren oder die Idee muss von anderen Wissenschaftler:innen aufgegriffen werden. Und Studien erforschen die Wirkung, wenn möglich empirisch, also auf Basis von Zahlen, Daten, Fakten. Diese Studien müssen so gut sein, dass Sie dem strengen Urteil anderer Wissenschaftler:innen standhalten („peer review“) und in Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Und sie müssen robust sein, d.h. ähnliche Studien müssen immer wieder zu ähnlichen Ergebnissen kommen, um Zufallstreffer auszuschließen. Diese Art von Forschung existiert für typologische Ansätze zumeist nicht im gleichen Maße wie zum Beispiel dem dimensionalen Ansatz des Big Five Modells, als Goldstandard der modernen Persönlichkeitspsychologie.

Und wann ist das dann wichtig?

Die Nutzung eines wissenschaftlich fundierten Persönlichkeitsmodells bietet eine Reihe praktischer Vorteile, die im Coaching von großer Bedeutung sind:

1. Realistisches Verständnis der Persönlichkeit: Wissenschaftlich fundierte Modelle vermitteln ein zeitgemäßes und akkurates Verständnis der Persönlichkeit. Sie erklären, wie die Persönlichkeit funktioniert und wie sie sich auf verschiedene Lebensbereiche, wie unser Verhalten, auswirkt.

2. Präzise und stabile Ergebnisse: Wissenschaftliche Modelle liefern präzise und differenzierte Ergebnisse, die die Einzigartigkeit eines jeden Individuums berücksichtigen. Zudem sind diese Ergebnisse vergleichsweise stabil. Das bedeutet, dass die ermittelten Persönlichkeitsmerkmale im Laufe der Zeit relativ konstant bleiben. Bei nicht-wissenschaftlichen Ansätzen fehlt oft diese Stabilität, was zu inkonsistenten und wenig nutzbaren Ergebnissen führen kann.

3. Relevante Anwendungen: Wissenschaftlich fundierte Persönlichkeitsmodelle ermöglichen es, Schlussfolgerungen für hochrelevante Fragen zu ziehen, die im beruflichen und persönlichen Alltag eine Rolle spielen. Dies kann die Auswahl von MitarbeiterInnen, die Teamzusammensetzung, die Personalentwicklung und die Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen umfassen. Die Ergebnisse bieten eine solide Grundlage für die Entscheidungsfindung und die Gestaltung von Entwicklungsmaßnahmen.

Fazit:

Insgesamt tragen wissenschaftlich fundierte Persönlichkeitsmodelle dazu bei, eine klarere, praxisorientiertere Sicht auf die menschliche Persönlichkeit zu gewinnen. Sie bieten die Möglichkeit, auf verlässliche und evidenzbasierte Weise Einblicke in die individuellen Persönlichkeitsmerkmale zu gewinnen und diese im Coaching zu nutzen.

Hier ist aber auch wichtig zu wissen, was Evidenzbasierung (engl. evidence-based) bedeutet. Definition: auf der Basis empirisch zusammengetragener und bewerteter wissenschaftlicher Erkenntnisse. Evidenz bezeichnet demnach die Berücksichtigung der besten verfügbaren Informationen für Entscheidungen oder Empfehlungen. Aber wieviele das sein müssen, bleibt offen.

Daher auch Typologische Ansätze wie beispielsweise die Antreiber aus der Transkationsanalyse von Eric Burne, fühlen sich der wissenschaftlichen Überprüfung verpflichtet. Die TA bringt sowohl quantitative als auch qualitative Forschung zum Nachweis der Wirksamkeit transaktionsanalytischer Arbeit voran. Der Wissenschaftsrat und die Gruppe Theorie gestern, heute, morgentreiben diesen Prozess.

3.Was ist mit der Reliabilität, also wie zuverlässig ist die Messung?

In der Welt der Messverfahren und Psychometrie gibt es verschiedene Arten der Reliabilität, von denen eine besonders interessant ist – die sogenannte Retest-Reliabilität. Ihr Konzept ist recht simpel:

Wenn wir dasselbe Merkmal zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten mit dem gleichen Verfahren messen, sollte das Ergebnis entweder identisch oder zumindest sehr ähnlich sein. Dies setzt jedoch voraus, dass das gemessene Merkmal stabil ist.

Und das ist von entscheidender Bedeutung in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen sowie in der Praxis, insbesondere in Bereichen wie der Bildungsforschung, der medizinischen Diagnostik und der Personalentwicklung.

Um das Konzept der Retest-Reliabilität besser zu verstehen, betrachten wir zwei Beispiele:

1. Die Messung der Stimmungslage: Wenn wir die Stimmungslage einer Person in zwei aufeinanderfolgenden Wochen messen, ist es durchaus akzeptabel, wenn die Ergebnisse unterschiedlich sind. Warum? Weil unsere Stimmungslage von Woche zu Woche stark variieren kann – sie kann von Tag zu Tag schwanken. Hier wäre es unangemessen, absolute Stabilität zu erwarten.

2. Die Logik der Retest-Reliabilität am Beispiel von Teams: Hier wird schnell klar das man Dynamiken im Team nicht auf diese Weise messen kann. Dynamiken sind nur gleichbleibend, wenn bezogen auf einen bestimmten Zeitraum, die Rahmenbedingungen und die Personen die gleichen waren. Daher ist es hier meist angebracht, die IST-Situation immer wieder gemeinsam zu analysieren und zu Interpretieren.

Fazit

Wir können also abschließend festhalten, dass Persönlichkeitstest auf jeden Fall eine hohe Reliabilität aufweisen sollten, damit sie Sinn machen. In der heutigen Arbeitswelt spielen Persönlichkeitsanalysen eine immer wichtigere Rolle, und das aus guten Gründen. Sie sind äußerst hilfreich und vielseitig einsetzbar, insbesondere in den Bereichen Personalentwicklung, Coaching und Training. Darüber hinaus können sie auch im Recruiting einen erheblichen Mehrwert bieten, indem sie die Auswahlinterviews auf eine höhere Ebene heben. In einer Zeit, in der Individualität und Persönlichkeit immer stärker an Bedeutung gewinnen, werden Persönlichkeitsinstrumente voraussichtlich noch an Relevanz gewinnen. Aber bei Teamentwicklungen kommt es immer darauf an, was gemessen werden soll und wie stabil die jeweiligen Merkmale sind.

In unserem PERSONALITY PROFILER wird z.B. das Kompetenzprofil des/der Anwender:in von dessen/derer Charaktereigenschaften (BIG FIVE) abgeleitet. Dies ist mit einer hohen Genauigkeit möglich, da zur Verbindung (Korrelation) der BIG FIVE Dimensionen mit spezifischen Kompetenzen sehr viele gesicherte Forschungsergebnisse vorliegen, die in unser Tool eingeflossen sind.

PERSONALITY PROFILER

Unser Persönlichkeitstest ermöglicht die Erstellung eines äußerst differenzierten Profils der Charaktereigenschaften, Motive und Kompetenzen. Die Ergebnisse werden in Form eines umfassenden Berichts im Coaching besprochen und liefern Ihnen wertvolles Feedback für die persönliche Weiterentwicklung. Im Detail sieht das so aus:

  • Online-Persönlichkeitstest
  • 1 x Feedbackgespräch zu den Ergebnissen im Test via Zoom a` 30-45 Minuten.
  • 2 x weiterführendes Einzelcoaching via Zoom a´ 90 Minuten.
  • Wir stellen gemeinsam sicher, dass das gelernte im beruflichen Alltag integriert und bestehende Probleme oder Hindernisse erfolgreich gemeistert werden können.
  • Wir ergänzen die Charaktereigenschaften der BIG FIVE um die Analyse von Motiven („Was treibt mich an?“) sowie Kompetenzen („Welche Fähigkeiten liegen mir besonders?“). Diese einzigartige Kombination bietet unseren Coachees äußerst tiefe und differenzierte Einblicke in ihre eigene Persönlichkeit.
  • Jeder macht den Test bequem online und alles weitere machen wir zusammen.

Human Ressources-Abteilungen bekommen mit unserem Persönlichkeitsanalyse – Coaching eine effektive Unterstützung in ihrem Recruiting. Treffen Sie fundierte Auswahlentscheidungen mit unserer Unterstützung. Wir bieten Ihnen detaillierte Informationen zur Persönlichkeit ihrer Bewerber:innen, optional auch mit einem SOLL-IST-Abgleich. So können Sie sicherstellen, dass Ihre Auswahlprozesse auf professionellen und verlässlichen Daten basieren.

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