Morgenroutinen

und der „5 Uhr Club“

Nur ein Trend oder der Game-Changer für maximale Produktivität?

In der Welt der Selbstoptimierung und Produktivitätssteigerung ist die Morgenroutine zum neuen Heiligen Gral avanciert. Von erfolgreichen CEOs über Influencer bis hin zu Wellness-Gurus – alle schwören auf die transformative Kraft des perfekt durchgeplanten Morgens und posten das natürlich auch in den Sozialen Medien.

Geht es also um „Weniger Schlaf für maximale Produktivität“? Was steckt wirklich hinter diesem Trend? Ist eine strikte Morgenroutine der Schlüssel zu einem erfolgreichen Leben, oder ist es letztendlich nur ein überbewerteter Hype?

Morgenroutinen – mehr Tradition als Trend

Seit über einem Jahrzehnt praktiziere ich jeden Morgen Yoga und Meditation – mindestens 30 Minuten, direkt nach dem Aufstehen. Diese Routine hat sich für mich zu einer unschätzbar wertvollen Gewohnheit entwickelt, und zwar aus mehreren Gründen:

  1. Mentale Klarheit: Wie einer meiner Yoga-Lehrer es treffend ausdrückte: „Bring out the garbage“. Die Morgenroutine hilft mir, den Kopf frei zu bekommen und mich auf den Tag einzustimmen.
  2. Selbstreflexion: In meiner Arbeit als Coach und Teamentwicklerin ist es essenziell, dass ich meine eigene emotionale und mentale Verfassung kenne. Die Morgenroutine gibt mir Raum, in mich hineinzuhören und zu reflektieren: Wie geht es mir heute? Wieviel Energie bringe ich mit?
  3. Körperliche Aktivierung: Die Bewegung am Morgen hält mich flexibel, löst Verspannungen und bringt meinen Kreislauf sanft in Schwung.
  4. Fokus und Produktivität: Ich habe festgestellt, dass meine Morgenroutine direkten Einfluss auf meine Fähigkeit hat, den Tag über fokussiert und produktiv zu bleiben.

Für mich ist meine Morgenroutine kein kurzlebiger Trend, sondern bereits vor Jahren zu einem festen Bestandteil meines Lebens geworden. Allerdings – und das ist entscheidend – habe ich gelernt, dass diese Routine flexibel sein muss, um nicht selbst zu einem Stressfaktor für mich zu werden.

Flexibilität als Schlüssel zum Erfolg

Im Laufe der Jahre habe ich erkannt, dass die Stärke meiner Morgenroutine in ihrer Anpassungsfähigkeit liegt. Es gibt Tage, an denen ich die vollen 30 Minuten Yoga praktiziere, und andere, an denen ich mich auf eine kurze Atemübung beschränke. Das Wichtigste ist, dass ich mir jeden Morgen bewusst Zeit für mich nehme, auch wenn Dauer und Intensität variieren. Bin ich im 5-Uhr-Club? Nein und das ist auch völlig in Ordnung.

Diese Flexibilität erlaubt es mir, meine Routine an verschiedene Lebensphasen und Anforderungen anzupassen, ohne sie ganz aufzugeben. So bleibt sie ein unterstützender Rahmen statt einer starren Vorgabe, die zusätzlichen Stress erzeugt.

Der „5 Uhr Club“ – Trend oder Tortour?

In den sozialen Medien hat sich in den letzten Jahren der „5 Uhr Club“ als Trend etabliert. Die Idee dahinter: Wer um 5 Uhr morgens aufsteht, und den Tag mit einer strikten Routine beginnt hat einen Vorsprung im Leben und startet voller Energie in maximal produktive Tage. Wie das in der Praxis aussieht? Pünktlich aufstehen. Das tägliche Sportprogramm absolvieren. Lesen. Mails checken, den Tag planen. Und natürlich die Community darüber informieren.

Befürworter argumentieren, dass die frühen Morgenstunden die produktivste Zeit des Tages sind – frei von Ablenkungen und voller Möglichkeiten.

Aber ist frühes Aufstehen langfristig wirklich der Schlüssel zum Erfolg?

Die Wissenschaft gibt uns hier ein differenzierteres Bild:

Chronotypen: Studien zeigen, dass Menschen unterschiedliche Chronotypen haben. Während manche tatsächlich „Lerchen“ sind und in den frühen Morgenstunden am produktivsten sind, gibt es auch „Eulen“, die erst später am Tag zu Höchstform auflaufen.

Schlafqualität: Frühes Aufstehen kann kontraproduktiv sein, wenn es auf Kosten der Schlafqualität geht. Ausreichender und erholsamer Schlaf ist für kognitive Funktionen und Produktivität unerlässlich.

Soziale Faktoren: Der „5 Uhr Club“ kann zu sozialer Isolation führen, wenn man früh ins Bett muss und dadurch weniger Zeit für Familie und Freunde hat.

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Selbststeuerung und –verantwortung im professionellen Kontext ist zu der Schlüsselkompetenz in der heutigen Arbeitswelt geworden. Die Belastungen sind jetzt schon hoch – und sie werden tendenziell auch eher weiter ansteigen. Stressfreie Arbeitsplätze gibt es praktisch nicht mehr und daher gehört ein erfolgreiches Stressmanagement zu den unverzichtbaren Kompetenzen im Geschäftsalltag.

Weniger Schlaf. Mehr Produktivität?

Ein gefährlicher Mythos, der oft mit dem „5 Uhr Club“ und strikten Morgenroutinen einhergeht, ist die Vorstellung, dass weniger Schlaf zu mehr Produktivität führt. Dieser Gedanke ist nicht nur irreführend, sondern potenziell schädlich.

Schlafmangel beeinträchtigt kognitive Funktionen: Studien zeigen, dass chronischer Schlafmangel zu Konzentrationsschwäche, verminderter Kreativität und erhöhter Fehleranfälligkeit führt.

Regeneration ist wichtig: Während des Schlafs finden wichtige Regenerationsprozesse im Körper und Gehirn statt. Diese sind entscheidend für langfristige Gesundheit und Leistungsfähigkeit.

Individuelle Schlafbedürfnisse: Jeder Mensch hat unterschiedliche Schlafbedürfnisse. Während manche mit 6 Stunden auskommen, benötigen andere 8 oder mehr Stunden für optimale Leistungsfähigkeit.

Statt weniger zu schlafen, sollten wir uns darauf konzentrieren, die Qualität unseres Schlafs zu verbessern und unsere wachen Stunden effektiver zu nutzen.

Strikte Routinen vs. Flexible Ansätze

Die Starrheit vieler Morgenroutinen ist für mich ein entscheidender Faktor. Während Struktur defintiv Vorteile hat, bergen zu rigide Routinen aus meiner Sicht Risiken:

Stress und Druck: Eine zu strenge Routine kann zu einer zusätzlichen Stressquelle werden, insbesondere wenn man sie an manchen Tagen nicht einhalten kann.

Vernachlässigung der Intuition: Strikte Pläne können dazu führen, dass wir die Signale unseres Körpers und Geistes ignorieren. Vielleicht brauchen wir an manchen Tagen mehr Schlaf oder eine andere Art der Aktivität.

Mangelnde Anpassungsfähigkeit: Das Leben ist oft unvorhersehbar. Eine zu starre Routine kann uns unflexibel machen und die Fähigkeit beeinträchtigen, auf unerwartete Situationen zu reagieren.

Der „5 Uhr Club“ gibt uns dennoch einen wichtigen Impuls: In unserem Alltag fehlt es uns oft an Entschleunigung. Die Idee, sich bewusst Zeitfenster zu schaffen finde ich toll. Denn diese Zeitfenster können wir nutzen, uns auf uns selbst zu fokussieren und Dinge zu tun, die uns mental und körperlich guttun.

Der Game-Changer: Flexible Routinen

Maximale Produktivität durch flexible Routinen. Diese Herangehensweise kombiniert für mich die Vorteile einer strukturierten Morgenroutine mit der notwendigen Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse des jeweiligen Tages.

Wie das funktionieren kann?

  1. Kernelemente definieren: Identifiziere 2-3 Kernaktivitäten, die dir besonders wichtig sind. Das könnte Meditation, Bewegung oder Journaling sein.
  2. Zeitrahmen statt fester Zeiten: Arbeite mit Zeitfenstern statt mit festen Uhrzeiten. So kannst du flexibel auf deine Tagesform und äußere Umstände reagieren.
  3. Modularer Aufbau: Gestalte deine Routine modular. An manchen Tagen machst du  vielleicht eine längere Yoga-Session, an anderen nur eine kurze Atemübung.
  4. Regelmäßige Reflexion: Überprüfe regelmäßig, ob deine Routine noch zu deinen aktuellen Lebensumständen und Zielen passt. Passe sie bei Bedarf an.
  5. Experimentieren: Probiere verschiedene Aktivitäten und Zeitpunkte aus. Vielleicht entdeckst du, dass du am Abend besser meditieren kannst oder dass ein Spaziergang in der Mittagspause dir mehr bringt als eine Morgenroutine.

Praktische Tipps für deine individuelle Morgenroutine 

Unabhängig davon, ob du dich für eine strikte oder flexible Routine entscheidest, möchte ich einige meiner Learnings mit dir teilen.

  • Starte klein: Beginne mit einer kurzen, einfachen Routine. Fünf Minuten Stretching oder eine kurze Atemübung können schon einen Unterschied machen.
  • Experimentiere mit Technologie: Apps wie „Headspace“ für Meditation oder „Glo“ für Yoga können hilfreiche Begleiter sein. Sie bieten Struktur und Anleitung, lassen sich aber flexibel nutzen.
  • Höre auf deinen Körper: Achte darauf, wie du dich nach verschiedenen Morgenaktivitäten fühlst. Was gibt dir Energie? Was fühlt sich erzwungen an?
  • Integriere Genussmomente: Deine Morgenroutine sollte nicht nur „Pflicht“ sein. Integriere Elemente, auf die du dich freust und sei es eine Tasse deines Lieblingstees.
  • Bleibe geduldig: Es braucht Zeit, bis sich eine neue Gewohnheit etabliert. Bleib geduldig mit dir selbst und feiere kleine Erfolge.

Fazit: Es gibt den Weg zu deiner persönlichen Morgenroutine.

Die perfekte Morgenroutine ist so individuell wie du selbst. Was für den einen funktioniert, kann für den anderen eine Qual sein. Der Schlüssel liegt darin, aufmerksam zu beobachten, was dir guttut und was du langfristig durchhalten kannst.

Bitte vergiss nicht: Eine Morgenroutine ist lediglich ein Werkzeug.  Sie soll dir helfen, energiegeladen und fokussiert in den Tag zu starten und keinen zusätzlichen Druck und Stress erzeugen.

Ob du nun dem „5 Uhr Club“ betreten magst, eine flexible Routine entwickelst – wichtig ist, dass du einen Weg findest, der dich unterstützt und inspiriert. Denn letztendlich geht es doch nur darum, jeden Tag mit einer Portion Achtsamkeit, Energie und Vorfreude zu beginnen.

Für mich persönlich ist die Morgenroutine nach vielen Jahren Praxis zu einem unverzichtbaren Anker in meinem Leben geworden. Sie gibt mir Struktur und Klarheit, ohne mich einzuengen. Die Flexibilität, die ich mir dabei zugestehe, erlaubt es mir, die Routine an meine jeweiligen Lebensumstände anzupassen und so langfristig davon zu profitieren.

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