Die stille Macht der Selbstführung

Warum innere Arbeit der Schlüssel zu äußerem Erfolg ist und warum man sich selbst führen können muss, um andere zu führen

Dee Hock, der Gründer von VISA, brachte es auf den Punkt:

„Wenn Du führen willst, investiere mindestens 40 Prozent Deiner Zeit in die Führung Deiner selbst.“

Dieser Leitsatz wirft ein Licht auf eine entscheidende Wahrheit: Die Art und Weise, wie wir uns selbst steuern, bestimmt unseren Erfolg – sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Kontext. Selbstführung ist keine Zauberkunst, sondern eine erlernbare Kompetenz, die unser Leben nachhaltig verändern kann.

Und diese Kompetenz wollen wir im folgenden, aus ein paar ausgewählten und unterschiedlichen Blickwinkeln, einmal unter die Lupe nehmen. Los geht´s:

Die Neurowissenschaft der Selbststeuerung

Beginnen wir in unserer Schaltzentrale dem Gehirn. Lange Zeit glaubte man, dass unsere Persönlichkeit und unser Verhalten weitgehend unveränderlich seien. Doch moderne neurowissenschaftliche Erkenntnisse zeichnen ein ganz anderes Bild. Der Schlüssel zum Verständnis der Selbstführung liegt in der Neuroplastizität – der Fähigkeit unseres Gehirns, sich kontinuierlich neu zu organisieren und zu vernetzen. Wir dürfen uns das Gehirn also eher wie einen komplexen Dirigenten vorstellen, der  Tausende von Instrumenten kontinuierlich synchronisiert.

Dr. Sara Lazar von der Harvard Medical School hat in bahnbrechenden Studien nachgewiesen, dass gezieltes Selbstmanagement buchstäblich die Struktur unseres Gehirns verändert. Regelmäßige Achtsamkeitspraxis beispielsweise verdichtet den präfrontalen Cortex, der für Selbstregulation, Entscheidungsfindung und emotionale Kontrolle verantwortlich ist. Gleichzeitig wird die Amygdala, unser emotionales Angstzentrum, weniger reaktiv. Diese Erkenntnisse sind ein Meilenstein: Sie zeigen, dass wir unser Gehirn durch bewusste Übung gezielt umgestalten können, um bessere Entscheidungen zu treffen und emotional stabiler zu agieren.

Die Kraft der bewussten Selbstwahrnehmung

Ein weiterer zentraler Baustein und damit unser zweiter Blickwinkel der Selbstführung ist die bewusste Selbstwahrnehmung. Selbstwahrnehmung ist ein wichtiger Teil von Emotionale Intelligenz. Und Emotionale Intelligenz beginnt mit der ehrlichen Beobachtung der eigenen Gefühle und ihrem Verständnis. Professor Dr. Claudia Kleinmann von der Universität Heidelberg beschreibt diesen Prozess als „eine innere Landkartenerstellung“: Je besser wir unsere emotionalen Landschaften kennen, desto gezielter können wir uns durch sie bewegen.

In der Praxis bedeutet dies:

  • Eine Führungskraft, die ihre Stressauslöser kennt, kann proaktiv Gegenmaßnahmen entwickeln, bevor diese Stressoren eskalieren.
  • Ein Teammitglied, das seine Kommunikationsmuster reflektiert, ist in der Lage, Konflikte früher zu erkennen und konstruktiv zu lösen.

Selbstwahrnehmung ist also keine Schwäche, sondern eine Basis für mehr Stabilität und Weiterentwicklung.

Selbstführung in der digitalen Transformation

Und ein dritter wichtiger Blickwinkel ist, dass die Bedeutung von Selbstführungskompetenzen in einer digitalisierten Arbeitswelt immer weiter zunehmen wird. Das World Economic Forum prognostiziert, dass bis 2025 mehr als 50 Prozent der Mitarbeitenden substantielle Umschulungen im Bereich Selbstmanagement benötigen werden. Virtuelle Zusammenarbeit und ständige Erreichbarkeit erfordern ein hohes Maß an Selbstorganisation und emotionale Stabilität.

Die Digitalisierung bietet aber auch Chancen: Digitale Tools wie Kalender-Apps, Zeitmanagement-Software oder Achtsamkeitstracker unterstützen dabei, den eigenen Fokus zu bewahren und Stress zu reduzieren. Die Herausforderung liegt darin, diese Möglichkeiten bewusst und reflektiert zu nutzen, anstatt sich von ihnen treiben zu lassen.

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    Soweit so gut, diese Erkentnisse sind für viele von Ihnen sicher nicht neu aber vielleicht eine gute Erinnerung. Der Punkt den wir hier in diesem Artikel bezogen auf Führung machen wollen ist folgender.

    Die Verbindung zwischen Selbststeuerung und Teamdynamik

    Die Verbindung zwischen individueller Selbstführung und kollektiver Teamleistung ist unübersehbar. In einer Welt zunehmender Komplexität und Unsicherheit wird die Fähigkeit zur Selbststeuerung zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Eine globale Studie der Boston Consulting Group mit über 11.000 Führungskräften hat gezeigt, dass Unternehmen, deren Führungspersönlichkeiten eine hohe emotionale Intelligenz und Selbstführungskompetenz aufweisen, bis zu 27 Prozent produktiver sind. Und was macht jetzt den Unterschied aus?

    Es ist die Fähigkeit, den eigenen inneren Dialog zu verstehen und zu steuern. Führungskräfte, die ihre Emotionen und Reaktionsmuster kennen, schaffen Räume des Vertrauens, in denen Mitarbeitende ihre Potenziale entfalten können. Gleichzeitig entsteht eine Umgebung, die resiliente Teams hervorbringt – Teams, die nicht nur Krisen meistern, sondern durch Innovationskraft bestechen.

    Auch die Forschung um Martin Seligman von der University of Pennsylvania zeigt: Resiliente Teams zeichnen sich nicht nur durch ihre Fähigkeit zur Krisenbewältigung aus, sondern auch durch eine signifikant höhere Innovationskraft. Doch diese Teamresilienz beginnt bei der Selbstführung jedes Einzelnen und im besonderen bei der Selbstführungskompetenz der jeweiligen Führungskraft.

    Der Weg zur effektiven Selbstführung:

    Der Weg zur Selbstführung ist kein linearer Prozess. Vielmehr gleicht er einer spiralförmigen Entwicklung, bei der Mut zur Selbstreflexion, Offenheit für Veränderung und die Bereitschaft, gewohnte Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen, unverzichtbar sind. Und Selbstführung wird am ehesten zum Erfolg führen, wenn alle Ebenen im Unternehmen mitgedacht werden. Das heißt:

    1. Individuelle Entwicklung durch Selbstwahrnehmungsübungen

    Die Reise beginnt mit der bewussten Beobachtung eigener Denkmuster und Gefühle.

    • Ein einfaches, aber wirkungsvolles Werkzeug ist das Führen eines Journals. Täglich Gedanken, Erfolge und Herausforderungen niederzuschreiben, hilft, Muster zu erkennen und eigene Reaktionen zu verstehen.
    • Und eine weitere effektive Methode ist die Achtsamkeitspraxis. Regelmäßig durchgeführte Meditationen oder Atemübungen schärfen die Fähigkeit, präsent zu sein und bewusste Entscheidungen zu treffen.
    1. Teambasierte Lernformate zur Stärkung der kollektiven Resilienz

    Für Teams empfiehlt sich, gezielt Reflexion einzuführen.

    1. Organisationale Kulturentwicklung

    Eine Organisation, die Selbstführung fördert, profitiert langfristig von resilienteren Mitarbeitenden und innovativeren Teams.

    • Unternehmen können hier Programme für emotionales Kompetenztraining und Mentoring etablieren.
    • Auch die Einbindung von digitalen Tools zur Förderung von Selbstmanagement, wie Achtsamkeits-Apps, kann wertvolle Unterstützung bieten.

    Fazit: Die stille Macht der Selbstführung

    Selbstführung ist kein Zustand, sondern ein lebenslanger Prozess. Es geht nicht um Perfektion, sondern um bewusste, kontinuierliche Entwicklung. Jeder Schritt der Selbstreflexion, jede Sekunde innerer Achtsamkeit ist eine Investition in die eigene Resilienz und in die kollektive Leistungsfähigkeit des Teams.

    In den Worten von Viktor Frankl: „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegt unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“

    Die Führung unserer selbst ist also der Schlüssel, diesen Raum bewusst zu gestalten und somit das eigene Leben – und das der Menschen um uns herum – positiv zu beeinflussen. Dee Hocks Weisheit erinnert uns also daran: Wer andere erfolgreich führen will, muss zuerst die Kunst der Selbstführung meistern.

      Ganzheitliche Beratung

      Kennen Sie den die Störfaktoren bei Ihrer Arbeit? Wissen Sie, wie sie sich optimal steuern können? Wenn man tief im Thema und umgeben von vielen To Do-Listen ist, hilft manchmal ein klarer Blick von außen.

      → Oft stellen wir dabei fest, dass Zeitmanagement selten allein das Thema ist, sondern meistens mit Selbstmanagement in Verbindung steht.

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