Changemanagement-Prozess
Initiieren, gestalten und begleiten eines Changemanagement-Prozesse
Hier nun also der zweite und eher praxisorientiertere Teil des Themas Changemanagement. Im ersten Teil beleuchte ich die Frage: Was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff – Changemanagement? Hier geht´s zum Artikel>>.
Und jetzt im zweiten Teil werden wir uns mit der Initiierung, Gestaltung und Begleitung eines Changemanagement-Prozesses beschäftigen. Und im Grunde ist die wichtigste Frage bezogen auf diese Veränderungsvorhaben ja: Was sind wichtige Erfolgsfaktoren im Change?
Und darauf gibt es natürlich unzählige Antworten, aber ich möchte drei spezifische aufführen:
In einer Studie von Mutaree antworten 99 Prozent der Teilnehmenden auf die Frage, ob Change auch Spaß machen kann, mit „ja“.
Was brauchen Menschen, damit sie Spaß am Change haben?
- 65 % Klarheit und Transparenz
- 56 % Beteiligung
- 54 % Wertschätzung (für schon geleistete Arbeit)
- 53 % Sinnhaftigkeit
86 Prozent der Befragten nennen außerdem den nachvollziehbaren Nutzen des Change-Projekts als wichtigsten Aspekt für die eigene Motivation, bei einem Change mitzuwirken.
Quelle: MutareeTED-Umfrage 2019: Macht Change Spaß?
Sind die Unternehmen “change-fit“?
In einer Studie von 2022 schätzen nur 4 Prozent der Teilnehmenden ihre Organisation als change-fit ein. Als Ursachen werden am häufigsten genannt:
- Schlechtes Management
- Keine passende Haltung / Kultur
- Veraltete Strukturen
Quelle: MutareeChange-Fitness-Studie 2022.
Wieviel Change ist machbar?
Für 70 Prozent der Befragten bei dieser Studie hat Change oberste Priorität. Welche Voraussetzungen die Unternehmen brauchen, um mit der wachsenden Veränderungsdynamik zurechtzukommen, haben die Teilnehmenden so beantwortet:
- Lernen, dass Veränderung nichts Schlimmes ist (80 %)
- Priorität und Fokus (73%)
- Eigenverantwortung (71 %)
Quelle: MutareeTED-Umfrage 2016: Wieviel Change ist machbar?
Ich denke diese Beispiele reichen aus, um zu verstehen, warum ich im folgenden einen Change-Prozess in 5 Aspekte einteile um diesen erfolgreich zu managen. Und vielleicht werden Sie erkennen, dass ganz gleich worum es bei ihrem Prozess geht, Sie diese Aspekte im weitesten Sinne zum Erfolg ihrer Veränderung einsetzen können.
Der Changemanagement-Prozess
Ich möchte im folgenden nicht auf spezielle Methoden und Maßnahmen eingehen. Wenn Sie hier Intresse haben, schauen Sie gern mal unter dem Punkt Empowerment im Blog, hier finden Sie Artikel wie z.B.:
– Die Heldenreise für Veränderungsprozesse
und es werden weitere mit der Zeit folgen.
Was konkret also jeweils sinnvoll und zielführend ist, darf bezogen auf den aktuellen Fall ausgewählt bzw. entschieden werden. In diesem Artikel ist mein Ziel, einen Überblick und Orientierung zu geben. Und daher gebe ich einen Überblick über die häufigsten Probleme in Unternehmen und das klärt warum die jeweiligen Aspekte essentiell wichtig ist.
1. Aspekt: Initiieren und definieren
Wie beginnt ein Change-Prozess und wer steuert ihn?
Change-Vorhaben sind kein Selbstzweck. Das sagt sich so einfach dahin, Organisationen sollten Change-Vorhaben aber tatsächlich nur anstoßen, wenn sie damit ein Problem am Markt lösen bzw. es eine externe Referenz zu dem Vorhaben gibt.
z.B.: weil die EU eine jährliche Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) verpflichtend einführt. Oder die Konkurrenz schneller ist, günstiger anbietet, bzw. ein Kunde eine neue Anforderung hat etc.
Fehlt die externe Referenz bzw. gibt es nur die interne Referenz z. B. den Wunsch des Vorstands, „weil es alle gerade machen“ etc. ist die Wahrscheinlichkeit für das Scheitern tatsächlich hoch.
Und da wir als Change ManagerInnen die ProzessbegleiterInnen für ihre kurz-, mittel- oder langfristigen Veränderungen sind, werden wir als erstes die externe Referenz mit ihnen herausarbeiten bzw. definieren.
Rollen und Vorgehen im Change?
Was unterscheidet externe und interne Change BegleiterInnen?
Externe Change BegleiterInnen:
- 65 % der externen BeraterInnen werden zur fachlich-inhaltlichen Unterstützung im Change-Prozess herangezogen
- 52 % der externen BeraterInnen sollen vor allem oder zusätzlich eine moderierende Funktion im Veränderungsprozess übernehmen
Chancen:
- bringen neues, externes Wissen und verschiedene organisationale Erfahrungen ein
- können dysfunktionale Muster der bestehenden Kultur mit einer höheren Wahr-scheinlichkeitdurch ihren frischen Blick von außen eher wahrnehmen / analysieren
- sind neutral bzw. allparteilich und werden auch so wahrgenommen
- haben damit häufig höhere Überzeugungskraft
- können 100 % Einsatz bringen (sind genau dafür engagiert)
Risiken:
- standardisiertes Vorgehen, lassen Individualität des Auftrags/Unternehmens außer Acht
- Change BegleiterIn verkauft lediglich die vorgefertigte Meinung des Managements (Instrumentalisierung)
- Mangelnde Veränderungsbereitschaft beim Klienten: ,,Das hat hier schon mal jemand versucht“ oder „Das funktioniert vielleicht bei Unternehmen XY, aber hier nicht!“
Interne Change BegleiterInnen:
Chancen:
- verfügen über spezifisches Unternehmenswissen (Kultur, Werte)
- Wissensabfluss wird vermieden
- werden auf ausführenden Ebenen eher akzeptiert
- verursachen geringere Kosten
Risiken:
- werden nicht ernst genommen („Der Prophet gilt im eigenen Lande nichts“)
- Im Unternehmen tätige Mitarbeitende haben meist noch andere Aufgabenbereiche und können sich nicht zu 100% auf die Tätigkeit im Change-Prozess konzentrieren
- leiden ggf. unter „Betriebsblindheit“, es fehlt externer Input
Internes Change Management wird effektiver, wenn die internen Change BegleiterInnen mit externen Beratungsfirmen zusammenarbeiten!
Quelle: Thomas Lauer (2014): Change Management321.5.
2. Aspekt: Analysieren und beteiligen
Analysen und Beteiligung als Fundament erfolgreicher Change-Prozesse
Hier gibt es, wie bereits eingangs erwähnt, zahlreiche Methoden und Werkzeuge, z.B.:
- die Umfeld-Analyse: Rückenwind und Gegenwind identifizieren oder
- die Stakeholder – Analyse: die Veränderungsformel und oder
- ein Öko-Check: Welche ungünstigen Auswirkungen könnte der nächste geplante Schritt haben?
- etc.
Wichtiger ist der Blick auf das warum und das Ziel des analysierens und der Beteiligung.
Welche Probleme wollen in dieser Phase gelöst werden?
- Generell zeigt ein Blick über den Tellerrand hinaus, was für den Erfolg relevant ist, und schärft das Verständnis für die Wechselwirkungen des Projekts.
- Die Kommunikation bzw. die Maßnahmen für einen Change, werden oft nach dem Gießkannenprinzip und somit an der Zielgruppe vorbeigeplant. MultiplikatorInnen und PromotorInnen werden nicht erkannt und damit nicht genutzt so das vorhandene Energien im Dunkeln bleiben.
- Viele Menschen verweigern sich häufig aus gutem Grund den anstehenden Neuerungen, weil zum Beispiel ihre Zielvereinbarung, die Anerkennung ihrer Führungskraft oder ihre Gewohnheit dagegenspricht.
- „Blinder“ Aktionismus bzw. vorschnelle Urteile und Maßnahmen, welche die Auswirkungen von Veränderungen außer Acht lassen, führen oft für das Unternehmen und für die Menschen zu suboptimalen Ergebnissen und Lösungen.
- Die fehlende Einbindung aller Betroffenen! Aufgrund von dezentraler Organisation werden keine Großgruppen-Formate zur Analyse der Ausgangslage genutzt. Anstatt dessen, werden häufig oberflächliche, wenig konkrete Ergebnisse durch Skalen-bzw. Kategorien-Fragen generiert. Die Verschiedenartigkeit der betroffenen Gruppen wird übersehen und ExpertInnen werden nicht adäquat eingebunden.
- Und last but not least, führt die Blindheit kleiner Gruppen oft zu reinen Top-Down-Prozessen. Das erzeugt Isolierung und dadurch Unsicherheit und Ängste. Und der daraus resultierende Effizienzverlust, ist demotivierend, weil das Rad überall immer wieder neu erfunden wird.
Daher nehmen Sie sich hier Zeit und schaffen Sie ein tragfähiges Fundament, durch Analysen und am wichtigsten, durch Beteiligung. Hier liegt ein Schlüssel für erfolgreiche Change-Prozesse.
3.Aspekt: Emotionen erkennen und nutzen
Mit gezielten Interventionen Emotionen erkennen und produktiv nutzen
Die Grundsätze der Veränderungsarbeit:
Es gibt keine Veränderung ohne Widerstand (und Angst)!
Widerstand (und Angst) hat eine Botschaft!
Nicht-Beachten von Widerstand erzeugt mehr Widerstand!
Besser mit dem Widerstand arbeiten statt gegen ihn!
Quelle: Prof. Dr. Heidi Möller, Wirtschaftspsychologie aktuell, 02/2009Mögliche
Welche Probleme wollen in dieser 3. Phase der Emotionen gelöst werden?
- Unterschiedlich motivierte Personengruppen ……
machen einen differenzierten Umgang mit ihnen notwendig und sinnvoll. Dabei gilt: Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Deshalb sollte der Fokus nicht stetig auf denen liegen, die sich dem Change komplett verweigern - Bewährtes und Wertvolles bleibt im Wandel oft auf der Strecke.
Das „Alte“ wird ggf. abgewertet, insbesondere langjährige Mitarbeitende fühlen sich nicht wertgeschätzt, eingebunden und abgeholt. So entstehen Befürchtungen und Widerstände, ein Tunnelblick auf Probleme und Schwierigkeiten tut sich auf, denn: „Wir finden stets das, wonach wir suchen.“ - Ein unterschiedliches Verständnis des Ziels / der Ausrichtung des Projekts
bei den Beteiligten, führt zu fehlenden oder unterschiedlichen Prioritäten. Das mangelnde Commitment der Beteiligten und damit auch die fehlende Motivation und wenig Engagement (Projekt versandet oder wird verschleppt) sind die Folge.
Daher keine Angst vor Emotionen! Hier sind Sätze wie“können wir das mal sachlich diskutieren“ nicht zielführend. Hier gilt es Druck aus dem Kessel zu lassen und die Mitarbeiterschaft wirklich zu sehen. Dies ist ein weiterer Schlüssel für einen erfolgreichen Change-Prozess.
4.Aspekt: Iterativ begleiten und Resonanz erzeugen
Den Change-Prozess iterativ begleiten, Feedbackschleifen nutzen und Resonanz erzeugen.
Was denken Sie, welche Faktoren unterstützen Selbstorganisation und Agilität zusätzlich? Eine Changemanagement Studie aus 2019 besagt:
Vertrauenskultur: Gesamtheit aller Werte, Normen und Einstellungen, die das Miteinander im Unternehmen prägen und auf Vertrauen setzen statt auf Command & Control.
Lernkultur: Fähigkeit zur Selbstreflexion, Feedback-Kultur, kontinuierlicher Fokus auf Verbesserungen.
Sinnorientierung: Mit Vision und Mission für eine stringente Sinnorientierung sorgen.
Organisationsdesign: an Agilität und Selbstorganisation angepasst –auch auf der Ebene von Systemen, Strukturen und Prozessen.
Wirksamkeit erhöhen: Hohe Orientierung an den Bedürfnissen der KundInnen, in Fokusgruppen einbinden, mit OKRs iterativ auf Ziele ausrichten.
Skills und Kultur im Blick haben: auf Kooperation, Kommunikation, Konfliktfähigkeit, Teamarbeit.
Quellen: Change Management Studie 2019, Cap GeminiRita Scheinpflug, Change Management in der Praxis, Berlin, 201064
Daher selbst wenn Sie sonst nicht viel von Agilität halten, arbeiten Sie hier iterativ und Sie werden einen großen Unterschied machen.
Welche „Kontroll-Lampen“ können Veränderungen sichtbar machen und Resonanz erzeugen?
Kontroll-Lampen sind beliebt und immer gut, messen als Controlling bringt Aufmerksamkeit für den Change. Es sorgt für:
- Quantitative Bewertung des Change-Erfolges
- Klären der aktuellen Zielerreichung
- Priorisieren und Steuern
- Motivieren und Aktivieren der Betroffenen
Aber Achtung:
Mess-, und Controlling-Instrumente erfüllen zwar das Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle von ManagerInnen.
Aber zu viel und zu frühes Controlling im Wandel kann stören, den Fluss unterbrechen und zu emotionaler Aufladung führen! Noch mehr als Messen von Kennzahlen benötigt es daher ein differenziertes Beobachten durch mehrere BeobachterInnen und damit ein Oszillieren zwischen harten Fakten und Beobachten der Auswirkungen im Unternehmen.
Und Last but not Least die fünfte und letzte Phase.
5.Aspekt: Kommunizieren im Change
Ein überzeugendes Kommunikations-Konzept entwickeln und umsetzen
Zu diesem Thema wurden bereits zahllose Medien mit Informationen gefüllt und es ist zuweilen zum Mantra in Unternehmen geworden. Aus gutem Grund darf es nicht fehlen und ich werde hier zwei Punkte wiederholen.
Was sind die wichtigsten Kommunikationsregeln? Was sollten wir tun?
- Gründliche Stakeholderanalyse und die Kommunikation auf die Stakeholder anpassen
- Mit einer Stimme sprechen, gleiche Botschaften nutzen
- Betroffene zuerst informieren (je nach Betroffenheit ggf. persönlich), interne Kommunikation vor externer Kommunikation
- Für Transparenz sorgen, nicht nur inhaltlich, sondern auch über den Prozess
- Verbündete suchen (Change Agents)
- Bei den Fakten bleiben, klar sein, niemanden „schonen“
- An Emotionen denken und diese auch zulassen / aushalten
- Arbeitnehmer-Vertretung frühzeitig mit einbeziehen
- Betroffene beteiligen und nach Bedürfnissen fragen, zuhören
Was sollten wir vermeiden?
- Die Kommunikation wegdelegieren
- Menschen nicht ernst nehmen, nicht auf Augenhöhe sprechen
- Den Nutzen des Change-Prozesses nur mit dem Firmennutzen und nicht mit dem persönlichen Nutzen des/der MitarbeiterIn verbinden.
- Die Mitarbeitenden nicht auf allen Ebenen gleichzeitig auf den gleichen Informationsstand zu bringen.
- Lösungen von oben zu entwickeln und die Mitarbeitenden nicht einzubeziehen.
- Dramatisieren der Lage und zu viel Angst machen.
- Den Dialog mit wichtigen Stakeholdern vergessen und unterschiedliche Bedürfnisse von Interessengruppen missachten.
Quellen: Edelman, Robert (2018): Handbuch Change-Kommunikation Susanne Rank & Rita Scheinpflug (2010): Change Management in der Praxis.
Fazit
Diese 5 Aspekte können ihnen als Leitplanken dienen um den Changemanagement-Prozesses erfolgreich zu gestalten. Und bedenken Sie, dass diese Blickwinkel nicht stringend aufeinander folgen werden oder einen klaren Anfang und ein definiertes Ende haben. Sie werden, je nach Verlauf mal mehr und mal wenniger im Vordergrund stehen und manche Themen werden parallel stattfinden müssen. Das ist die Magie eines Veränderungsprozesses. Aber die Aspekte werden ihnen helfen, die Architektur das Wandels erfolgreich zu gestalten.
Wenn Sie weitere Fragen haben oder Unterstützung bei ihrem Changemanagement-Prozess benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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