Authentische Führung

Warum es unfehlbare Helden nur in Filmen braucht

Führung bedeutet, den Mut zu haben, Menschlichkeit zu zeigen und nicht Perfektion vorzutäuschen.

Lange Zeit galt das Bild der perfekten, unfehlbaren Führungskraft als erstrebenswert. Autorität, makellose Entscheidungen und ein Hauch von Unantastbarkeit bestimmten die traditionelle Vorstellung von Leadership. Doch die Anforderungen unserer modernen, dynamischen Welt stellen dieses Ideal zunehmend infrage. Erfolgreiche Führung erfordert heute nicht mehr Perfektion, sondern Authentizität. Und diese bedeutet, den Mut aufzubringen, Schwäche und Verletzlichkeit zu zeigen.

Doch warum ist Verletzlichkeit so entscheidend für wirksame Führung? Und wie zeigt sie sich im Alltag? Ein Blick auf die Rolle von Verletzlichkeit in der Persönlichkeits- und Teamentwicklung liefert Antworten.

Von der vermeintlichen Schwäche zur echten Stärke

Brené Brown, renommierte Forscherin und Bestsellerautorin, hat mit ihrer Arbeit den Begriff der Verletzlichkeit enttabuisiert. Ihr zentrales Fazit: „Verletzlichkeit ist keine Schwäche. Es ist der mutigste Akt, den wir vollbringen können.“ Doch was bedeutet das konkret für Führung im Alltag?

Verletzlichkeit in der Führung bedeutet, Unsicherheiten und Emotionen auch mal offen zu zeigen. Dieser Ansatz scheint simpel, erfordert jedoch großen Mut – besonders in einer Rolle, die traditionell mit Kontrolle und Durchsetzungsvermögen verknüpft wird. Authentische Führungskräfte erkennen jedoch, dass Perfektion eine Illusion ist. Indem wir unsere Menschlichkeit zeigen, gewinnen wir Vertrauen und Respekt. Und das kann jeder lernen, den oft hat es nur etwas mit der richtigen Rahmung zu tun. Damit ist gemeint, wie wir lernen richtig zu kommunizieren. Wenn wir einleiten was wir gleich sagen wollen, kann gezeigte Unsicherheit als Stark wahrgenommen werden. Oder auch wie wir kommentieren, wenn wir spontan Emotionen gezeigt haben. In diesem Fall ist es wichtig, den Gefühlsausbruch nicht einfach unkomentiert stehen zu lassen, sondern es für alle einzuordnen. So gewinnt man wieder an souveränität, zeigt die eigene verletzlichkeit und bleibt doch souverän.

Die Verbindung zur Persönlichkeitsentwicklung:

Authentische Führung beginnt bei der Arbeit an der eigenen Persönlichkeit. Verletzlichkeit zu akzeptieren heißt, sich mit den eigenen Emotionen und Unsicherheiten auseinanderzusetzen. Drei zentrale Aspekte spielen dabei eine Schlüsselrolle:

• Eigene Emotionen reflektieren: Wer sich mit den eigenen Unsicherheiten auseinandersetzt, wird klarer und selbstbewusster. Selbstreflexion hilft, die eigenen Werte und Ziele besser zu verstehen.
• Authentisch agieren: Vorzutäuschen immer alles zu wissen, auf jede Frage eine Antwort zu haben und alles zu können, kostet Energie und verhindert echte Verbindungen. Verletzlichkeit macht Führungskräfte nahbarer und glaubwürdiger.
• Emotionale Intelligenz stärken: Der bewusste Umgang mit eigenen Gefühlen sensibilisiert für die Emotionen anderer. Empathie wird gefördert und das Verständnis für die Bedürfnisse des Teams gestärkt.

Durch diese innere Arbeit legen authentische Führungskräfte die Basis für nachhaltigen Erfolg – sowohl persönlich als auch in ihrer Interaktion mit anderen. Eine Führungskraft, die ihre Stressauslöser kennt, kann proaktiv Gegenmaßnahmen entwickeln, bevor diese Stressoren eskalieren.

Verletzlichkeit als Motor für Teamentwicklung

Aber Verletzlichkeit zu zeigen, wirkt sich nicht nur auf der individuellen Ebene aus, sondern beeinflusst auch die Dynamik innerhalb von Teams. Authentische Führungskräfte schaffen es, eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit herzustellen. Daher profitiert ein Team in vielerlei Hinsicht, im folgenden nur ein paar Punkte dazu.

Vorteile für die Teamkultur

1. Konstruktive Konfliktbewältigung: Konflikte sind unvermeidlich. Aber authentische Führungskräfte haben keine Angst mehr davor Streiten zu lernen. Sie ermutigen ihr Team, Spannungen offen anzusprechen und kennen Methoden diese dann zu handeln.
2. Gestärkter Zusammenhalt: Wenn sich alle, inklusive der Führungskraft, authentisch zeigen, entstehen echte Verbindungen. Gemeinsam lassen sich Herausforderungen besser meistern.
3. Bessere Kommunikation: Verletzlichkeit zu zeigen und nicht immer alles zu wissen, fördert klare und transparente Gespräche. Missverständnisse werden reduziert, die Zusammenarbeit verbessert.

Die Wissenschaft dahinter

Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass Vertrauen und emotionale Offenheit die soziale Bindung stärken. Ein zentraler Mechanismus dabei ist das Hormon Oxytocin, das bei vertrauensvollen Interaktionen ausgeschüttet wird. Es fördert nicht nur zwischenmenschliche Beziehungen, sondern auch die kollektive Leistung von Teams.

Zusätzlich erzeugt verletzliches Verhalten eine Dynamik der Reziprozität: Wenn Führungskräfte Verletzlichkeit zu zeigen, fühlen sich Teammitglieder ermutigt, ehrlich und authentisch zu sein. Diese wechselseitige Offenheit schafft eine resiliente Teamkultur.

Praktische Ansätze für authentische Führung:

Wie lässt sich Verletzlichkeit im Alltag umsetzen? Viele Führungskräfte tun sich schwer mit dem ersten Schritt. Hier sind vier praktische Ansätze:

• Offen kommunizieren: Teile eigene Unsicherheiten und lade das Team ein ihre Perspektiven einzubringen. Transparenz signalisiert, dass auch Führungskräfte nicht alle Antworten kennen.
• Feedback einholen: Zeige Bereitschaft, von anderen zu lernen. Das Stärkt Glaubwürdigkeit und Vertrauen.
• Fehler eingestehen: Niemand ist perfekt. Fehler offen zuzugeben und als Lernchancen zu betrachten, inspiriert andere, ebenfalls mutiger zu sein.
• Vertrauen aufbauen: Schaffe einen sicheren Raum, in dem sich auch andere verletzlich zeigen können. Diese Atmosphäre fördert Innovation und Zusammenarbeit.

Diese Ansätze erfordern Mut und Ausdauer. Authentische Führung ist kein kurzfristiges Konzept, sondern ein langfristiger Entwicklungsprozess.

Herausforderungen und Grenzen von Verletzlichkeit

Trotz der vielen Vorteile ist es wichtig, Verletzlichkeit mit Bedacht einzusetzen. Authentizität bedeutet nicht, jedes Gefühl ungefiltert zu teilen. Ganz entscheidend ist, dass Verletzlichkeit einen Raum bekommt aber sie gehört nicht in jeden Raum. Kontext und klare Kommunikation bleiben entscheidend.

Ein Beispiel: In Krisensituationen kann es kontraproduktiv sein, Angst oder Unsicherheit ungefiltert zu äußern. Stattdessen sollten Führungskräfte Herausforderungen benennen, während sie gleichzeitig Zuversicht und Lösungsansätze vermitteln.

Auch kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle. In manchen Kulturen wird Offenheit geschätzt, während sie in anderen als Schwäche missverstanden werden kann. Führungskräfte sollten die Dynamik ihres Teams und den Unternehmenskontext stets im Blick behalten.

Fazit: Warum wir keine unfehlbaren Helden brauchen

Verletzlichkeit macht stark. Sie ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Mut und Selbstbewusstsein. Authentische Führungskräfte schlagen eine Brücke zwischen persönlicher Entwicklung und Teamentwicklung. Sie inspirieren durch Offenheit, stärken Vertrauen und lernen mit und im Team konstruktiv zu streiten.

In einer Welt, die immer schneller und komplexer wird, brauchen wir keine unfehlbaren Helden, sondern echte Menschen. Menschen, die den Mut haben, ihre Schwächen zu zeigen – und dadurch echte Verbindungen schaffen. Denn genau hier liegt die wahre Stärke moderner Führung.

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